Inhalt
„Auf verhängnisvolle Weise kreuzen sich in einem kleinen Vergnügungspark die Wege eines untergetauchten Mörders und eines Kindes. Und mitten im sich überschlagenden Geschehen steht ein junger, unschuldiger Student, der alles zu verlieren droht und doch so viel gewinnt.“ (© Heyne)
Ein etwas anderer King
Joyland ist ein etwas anderer King-Roman. Die üblichen Grusel- und Horrorelemente fehlen in diesem Buch fast komplett. Stattdessen handelt es sich hierbei eher um eine Mischung aus Krimi und Mystery-Geschichte. Das hatte ich gar nicht erwartet – vor allem auch wegen des Settings, das in meiner Vorstellung gerade so geeignet für eine Horrorgeschichte schien. Ob es trotzdem – oder gerade deswegen – überzeugen kann?
Interessant fand ich schon allein die Erzählperspektive. Ich habe mittlerweile einige Romane von Stephen King gelesen, doch dies war der erste mit einem Ich-Erzähler. Devin Jones blickt als alter Mann auf das Jahr zurück, in dem er im Vergnügungspark Joyland gearbeitet hat, um sich sein Studium zu finanzieren. Er erzählt von seinen Erlebnissen, neuen Freunden und seiner ersten großen Liebe. Dabei wahrt er eine gewisse Distanz zu seinem jugendlichen Ich. Er schaut humorvoll und mit der ein oder anderen sarkastischen Bemerkung auf die Vergangenheit zurück.
„Wenn man einundzwanzig ist, gleicht das ganze Leben einer Landkarte, auf der alle Straßen zum Ziel führen. Mit fünfundzwanzig regt sich allmählich der Verdacht, dass die Landkarte auf dem Kopf steht, und erst mit vierzig weiß man das mit Sicherheit. Mit sechzig hat man sich dann endgültig verirrt, das kann man mir gern glauben.“ (Joyland, S. 26)
Sympathischer Protagonist und andere interessante Menschen
Diese Erzählperspektive macht das Buch interessant und unterhaltsam. Devin ist ein sympathischer Protagonist, der den Leser schon auf den ersten Seiten abholt und mit in seine Geschichte nimmt. Obwohl die Spannung auf sich warten lässt, wird es nicht langweilig, denn nicht nur über Devins Geschichte möchte man mehr erfahren, sondern auch über die Menschen, die seinen Weg kreuzen. Da ist Devins Vermieterin Mrs. Shoplaw, die über so viele Dinge Bescheid weiß und sich immer gut um ihre Mieter kümmert. Da sind Tom und Erin, die ebenfalls ihre Semesterferien als Helfer in Joyland verbringen und zu guten Freunden werden. Außerdem sind da natürlich die Angestellten des Freizeitparks. Unter diesen sind einige echte Schausteller „von altem Schrot und Korn“, die so ihre Eigenarten haben. Und dann ist da noch der Junge im Rollstuhl, über den sich Devin wundert. Er wohnt nämlich alleine mit seiner Mutter sehr abgeschieden in einer großen Villa am Strand.
„Sie wurden ein so wichtiger Bestandteil meines Lebens – ein fester, stets gegenwärtiger Bezugspunkt -, dass ich unmöglich genau bestimmen kann, wann sie mir das erste Mal aufgefallen sind. Nichts bringt Erinnerungen so sehr durcheinander wie fortwährende Wiederholung.“ (Joyland, S. 162f.)
Wenig Spannung, viel Atmosphäre
Da die Geschichte rückblickend erzählt wird, werden auch hin und wieder Anspielungen gemacht, die Spannung aufbauen, in erster Linie jedoch eher die Neugier wecken. Richtig spannend wird es zwar erst gegen Ende des Buchs, doch langweilig ist es nie. Der Erzähler schafft eine schöne Atmosphäre, die den Leser in die Geschichte hineinzieht und den Sommer und Herbst des Jahres 1973 an der Küste von North Carolina lebendig werden lässt. Auch der Vergnügungspark Joyland wird wunderbar authentisch beschrieben, so dass die typische Freizeitpark-Stimmung beim Lesen aufkommt.
Ein kleiner Kritikpunkt zum Schluss: Das Buch hätte ein wenig spannender sein können, auch wenn es durchaus den ein oder anderen unheimlichen und spannenden Moment gegeben hat. Das Freizeitpark-Thema eignet sich meiner Meinung nach gut für eine solche Geschichte, doch die Möglichkeiten Spannung – oder gar Horrorelemente – einzubauen wurden nicht wirklich genutzt. Wahrscheinlich war dies auch so beabsichtigt, aber ich persönlich hatte mich auf eine gruselige und extrem spannende Geschichte eingestellt und das gibt Joyland einfach nicht her. Die Stärken liegen bei dem Roman woanders.
Fazit: Joyland
Joyland ist anders als die meisten Romane von Stephen King und das sollte man vor dem Lesen wissen. Das heißt jedoch keinesfalls, dass er schlechter ist. Die Mischung aus Krimi und Mystery-Geschichte hat durchaus ihren Reiz und die interessanten Figuren sowie der locker-leichte und atmosphärische Erzählstil tragen zu einem unterhaltsamen Leseerlebnis bei. Mehr Spannung hätte der Geschichte nicht geschadet, doch wenn man hier keine allzu hohen Erwartungen hat, fehlt sie eigentlich nicht – meine Erwartungshaltung war da einfach das Problem. Joyland ist also kein typischer King und deshalb auch für diejenigen empfehlenswert, die keine Horror-Romane lesen.
6 Comments
Hi Anka,
ich habe Joyland geliebt! Nicht nur weil King zeigt, dass er auch ohne Horror und Grusel auskommt sondern auch, weil ich Freizeitparks liebe und die Kombination von King und Park für mich einfach perfekt war. Du hast recht, ein wenig mehr Spannung hätte nicht geschadet, aber ich fand das Buch einfach atmosphärisch ohne Ende, von daher hat mich die fehlende Spannung nicht weiter gestört.
Eine tolle Rezension! Freust du dich schon auf „Sleeping Beauties“?
Liebe Grüße,
Elli
Hi Elli,
ich weiß, du bist immerhin dafür verantwortlich, dass ich es gelesen bzw. anderen Büchern vorgezogen hab. ;) Die Atmosphäre hat mir auch richtig gut gefallen! Ich finds gut, dass King auch mal was anderes probiert und zeigt, dass er eben nicht immer nur die typischen Horror-Geschichten schreiben kann. Die fehlende Spannung war für mich auch nur ein minimaler Kritikpunkt, wirklich gefehlt hat sie nicht.
Oh ja, freu mich schon total darauf! Hast du es schon?
Liebe Grüße
Anka
Meine Erwartungen waren wahrscheinlich einfach zu hoch, von daher hat mich Joyland nicht wirklich überzeugt. Ich schließe mich deiner Meinung an und finde das Buch zwar nicht schlecht, es hätte aber für meinen Geschmack mehr Spannung vertragen.
„Joyland“ ist einfach kein typischer King-Roman und wenn man das nicht weiß und eben das Typische erwartet, ist man schneller enttäuscht. Meine Erwartungen waren ja auch ganz andere, aber gefallen hat es mir trotzdem, eben weil es mal etwas Anderes war.
Hey,
mir hat Joyland auch sehr gut gefallen weil er einfach anders ist.
Mir gefiel zum Beispiel die Tiefe in diesem Roman sehr gut.
Liebe Grüße
Ela
Hi Ela,
ja diese Tiefe findet man bei King nicht ganz so oft, aber genau das macht „Joyland“ eben so interessant. Mir hat das im Nachhinein gut gefallen, hatte eben nur zuerst etwas anderes von dem Roman erwartet.
Liebe Grüße
Anka