Der Klappentext hat hier leider mehr versprochen, als das Buch letztendlich gehalten hat. Von der Thematik angesprochen, habe ich mich sehr auf das Buch gefreut, doch meine Erwartungen wurden leider nicht ganz erfüllt.
Inhalt
„Fragen Sie Dorothea nach Marguerite.« Miriam bekommt anonyme Briefe mit nur diesem Satz geschickt. Dorothea Sartorius ist die charismatische Witwe eines Reeders und eine große Mäzenin in Hamburg. Gemeinsam mit ihr bereitet Miriam gerade die Verleihung des Sartorius-Preises für Zivilcourage vor. Dorothea beantwortet Miriams Frage nicht, ermuntert sie aber, nach dem Absender der Briefe zu suchen. In einem Beginenhof an der Schlei findet Miriam eine alte Bewohnerin und Antworten, die ihr Weltbild ins Wanken bringen. Dorothea war in den 70er Jahren Mitglied in einer linksextremen Terrorgruppe. Die frühere Freundin und politische Weggefährtin von Dorothea erhebt schwere Anklage: »Sie hat uns verraten. Sie hat alles verraten, was ihr heilig war.“ (© Ullstein Buchverlage)
Der Einstieg
Miriam, die Protagonistin, hat ihren Mann vor zwei Jahren verloren und die Trauer um ihn begleitet sie noch immer. Sie arbeitet seitdem nicht mehr als Journalistin für eine angesehene Tageszeitung – in der auch ihr Mann als Fotograf tätig war -, sondern hat sich in die Redaktion der „Anabell“ versetzen lassen, die ebenfalls zur Verlagsgruppe gehört. Die „Anabell“ ist ein hochwertiges Frauenmagazin, das gemeinsam mit der angesehenen Mäzenin Dorothea Sartorius die Preisverleihung des Sartorius-Preises für Zivilcourage ausrichtet.
„Sie drehte sich zum Fenster und sah hinaus. Von ihrem Büro aus hatte man einen wunderbaren Blick auf den Michel. Möwen kreisten um die barocke Kirchturmspitze, die Morgensonne ließ die Haube aufleuchten, ein warmes Kupfergold. Die Zeiger der riesigen Turmuhr zeigten neun Uhr dreißig an, darüber schlängelte sich eine Wendeltreppe bis hinauf in die Spitze des Wahrzeichens.“ (In einem anderen Licht, S. 26)
Das ist die Ausgangssituation, in der wir Miriam kennenlernen. Schon auf den ersten Seiten wird deutlich, wie sehr der Verlust ihres Mannes ihr immer noch zu schaffen macht. Die Trauer wird auf eindrückliche Weise beschrieben, so dass ich sofort eine Verbindung zu Miriam aufbauen und mit ihr mitfühlen konnte. Wie sie nach diesem Schicksalsschlag versucht, im Alltag und mit ihrem kleinen Sohn zurechtzukommen, macht sie sympathisch, menschlich und authentisch. Das hat mir soweit ganz gut gefallen.
Zufälle über Zufälle
Bis die Geschichte jedoch an Fahrt aufnimmt, dauert es recht lange. Die anonymen Briefe, die schon im Klappentext erwähnt werden, werden von Miriam zunächst ignoriert und erst als Dorothea selbst sie auffordert nachzuforschen, beginnt sie mit einer doch eher halbherzigen Recherche. Warum sie dem Ganzen nicht richtig auf den Grund gehen möchte, wird zwar immer wieder erwähnt – sie würde nämlich damit die Preisverleihung bzw. den Preis an sich gefährden -, für mich hörte sich das allerdings eher nach einer Ausrede an.
Was mich jedoch weit mehr gestört hat, sind die vielen Zufälle, die nun aufeinanderfolgen. Miriam muss ihr journalistisches Können kaum unter Beweis stellen, da sie durch Zufall auf immer weitere Details stößt. Das hat sich leider so sehr gehäuft, dass es einfach nur noch unglaubwürdig war.
„Es war wieder kälter geworden und hatte den ganzen Tag über genieselt, doch als sie die Hochbrücke über den Nord-Ostsee-Kanal überquerten, riss der Himmel auf und die Sonne schob sich durch die tiefhängenden Wolken. Pastellfarbenes Licht rieselte herab und überzog das Tal mit einem fast unwirklichen Leuchten. Die Ebene schimmerte wie ein alter kostbarer Gobelin.“ (In einem anderen Licht, S. 100)
Positives. Oder doch nicht?
Gefallen haben mir allerdings die Figuren, wobei ich hier gerne mehr über die eine oder andere erfahren hätte. Vor allem die Vergangenheit von Dorothea Sartorius kam einfach zu kurz, dafür dass diese das eigentliche Thema des Romans hätte sein sollen.
Mit dem Schreibstil hatte ich teilweise auch meine Problem. Zu Beginn hat er mir noch ziemlich gut gefallen, auch die vielen Beschreibungen von Hamburg. Man hat gemerkt, dass die Stadt sowohl für die Protagonistin als auch die Autorin Katrin Burseg ein Zuhause ist. Allerdings wurde dieser Stil im Verlauf doch zu sehr ausgereizt. Die blumigen teilweise kitschigen Beschreibungen werden irgendwann anstrengend. Ebenso wie die Trauer der Protagonistin, die immer wieder ausführlich beschrieben wurde. Weniger ist doch manchmal mehr.
„Die Worte trafen sie wie ein Schlag. Miriam musste sich setzen. Plötzlich war sie wieder da, die Trauer um ihren Mann. Groß und schwer, gewaltig. Sie konnte den Raben nicht länger ignorieren, der in ihrer Brust wütete und die Aufmerksamkeit, die sie ihm schenkte, machte ihn noch stärker. Sie spürte, wie er auf ihr Herz einhackte. Wieder und wieder.“ (In einem anderen Licht, S. 205)
Fazit
Im Endeffekt ist In einem anderen Licht eher ein Frauenroman (- auch wenn ich den Begriff nicht mag -), in dem die Trauer bzw. der Umgang mit Trauer nach einem Verlust eine große Rolle spielt und dementsprechend auch viel Raum einnimmt. Das interessantere und spannendere Thema wird für meinen Geschmack jedoch nicht ausführlich und intensiv genug behandelt. Was die Autorin Katrin Burseg allerdings gut vermittelt, ist, dass Wahrnehmung und Perspektive in der Bewertung und Beschreibung von Ereignissen eine wichtige Rolle spielen und die Suche nach der Wahrheit sich deshalb meist schwierig gestaltet.
„Noch nie war ihr so deutlich bewusst gewesen, wie kompliziert Wahrnehmung war. Gab es überhaupt eine objektive Art des Sehens? Oder verschoben sich die Szenen der Vergangenheit permanent, je nachdem von welchem Blickwinkel der Gegenwart aus man sie betrachtete?“ (In einem anderen Licht, S. 278)
Geht man mit anderen Erwartungen an den Roman heran, ist er sicherlich nicht schlecht und mir hat er schließlich auch ganz gut gefallen. Trotzdem hätte das vorhandene Potenzial deutlich besser genutzt werden können, denn das Thema ist spannend und hätte mehr hergegeben. So ist In einem anderen Licht jedoch „nur“ als nette, kurzweilige Unterhaltung zu empfehlen.
Vielen Dank an Vorablesen und Ullstein Buchverlage für das Rezensionsexemplar!
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