Über One of Us is Lying von Karen M. McManus habe ich sehr unterschiedliche Meinungen gehört. Die Ausgangssituation klingt nach Breakfast Club und insgesamt verspricht die Geschichte eine ähnliche Entwicklung wie Pretty Little Liars. Wer also ein unterhaltsames, spannendes und zum Miträtseln einladendes Jugendbuch sucht, landet schnell bei One of Us is Lying. Ob die Geschichte auch hält, was sie verspricht, erfahrt ihr in meiner Rezension.

Inhalt

„Eine Highschool, ein Toter, vier Verdächtige …

An einem Nachmittag sind fünf Schüler in der Bayview High zum Nachsitzen versammelt. Bronwyn, das Superhirn auf dem Weg nach Yale, bricht niemals die Regeln. Klassenschönheit Addy ist die perfekte Homecoming-Queen. Nate hat seinen Ruf als Drogendealer weg. Cooper glänzt als Baseball-Spieler. Und Simon hat die berüchtigte Gossip-App der Schule unter seiner Kontrolle. Als Simon plötzlich zusammenbricht und kurz darauf im Krankenhaus stirbt, ermittelt die Polizei wegen Mordes. Simon wollte am Folgetag einen Skandalpost absetzen. Im Schlaglicht: Bronwyn, Addy, Nate und Cooper. Jeder der vier hat etwas zu verbergen – und damit ein Motiv…“ (© cbj)

Spannende Ausgangssituation

Die Ausgangssituation klingt vielversprechend und so beginnt auch die Geschichte. Die Schülerinnen und Schüler, die zum Nachsitzen verdonnert wurden, treffen nach und nach im Klassenraum ein. Schnell stellen sie fest, dass das Nachsitzen für jeden von ihnen unter seltsamen Umständen zustande gekommen ist. Zunächst scheint es einfach ein dummer Scherz zu sein. Doch als Simon im Klassenraum zusammenbricht und später stirbt, glaubt dies keiner mehr. Nach Simons Tod beginnen auch schon die Ermittlungen der Polizei, da diese nicht an einen Unfall glaubt, sondern von Mord ausgeht.

Die erste Hälfte der Geschichte ist temporeich erzählt und baut so eine gewisse Spannung auf. Abwechselnd wird aus den Perspektiven von Addy, Bronwyn, Cooper und Nate erzählt. So lernt man die vier nach und nach besser kennen. Da sie sich zu Beginn auch untereinander kaum kennen, erhält man zunächst sehr klischeehafte und stereotype Beschreibungen der vier Protagonist*innen. Im Laufe der Geschichte entwickeln sie sich – zumindest teilweise – weiter und werden dadurch zu authentischeren Figuren.

Schnell erhält man Einblicke in einige Geheimnisse der vier. Außerdem werden mysteriöse Posts veröffentlicht, die weitere Hinweise zu Simons Tod liefern. Anhaltspunkte, wer dafür verantwortlich ist, gibt es allerdings keine. So rätselt man als Leser*in mit und stellt verschiedene Theorien auf, was geschehen sein könnte und warum Simon sterben musste.

Mittelmäßiger Mittelteil

Etwa nach der Hälfte wird die Geschichte dann leider etwas langatmig und langweilig. Karen McManus schafft es nicht, die Spannung vom Anfang über einen so langen Zeitraum aufrecht zu erhalten. Bronwyn, Addy, Cooper und Nate nehmen die Situation, in der sie sich befinden, meiner Meinung nach nicht ernst genug – immerhin sind sie Verdächtige in einem Mordfall. Sie bemühen sich kaum, ihre Unschuld zu beweisen oder Hinweise zu finden, die sie entlasten würden.

Hier hatte ich eher damit gerechnet, dass sich die Geschichte ein Beispiel an Pretty Little Liars nimmt. Dort lassen die Protagonistinnen nämlich nichts unversucht, auch wenn die ganze Story natürlich komplett übertrieben ist. Diese Übertreibung habe ich bei One of Us is Lying tatsächlich ein bisschen vermisst, denn realistisch ist die ganze Geschichte sowieso nicht.

Auch von den Anwälten und der Polizei liest man zwischenzeitlich kaum etwas. Obwohl die Ermittlungsarbeit noch lange nicht abgeschlossen ist und hin und wieder auch Befragungen der vier Verdächtigen anstehen, wird wenig darüber erzählt. Stattdessen geht es eher um alltägliche Teenagerprobleme und besonders eine klischeehafte Romanze steht dabei im Mittelpunkt. Um nicht zu spoilern, gehe ich nicht weiter darauf ein, doch dies hat mich teilweise sehr gestört und genervt.

Temporeiches Ende

Zum Ende hin nimmt die Geschichte schließlich wieder an Fahrt auf. Vor allem Addys Entwicklung hat mir hier gut gefallen. Sie lehnt das rückständige und fragwürdige Frauenbild, das ihr von ihrer Mutter vorgelebt wird, ab und wird zu einer eigenständigen und interessanten Figur. Der Fokus liegt leider allerdings nicht auf Addy, sondern vielmehr auf Bronwyn. Obwohl aus vier Perspektiven erzählt wird und es sich um gleichwertige Protagonist*innen handeln soll, sticht Bronwyn hervor. Sie ist jedoch meiner Meinung nach die am wenigsten interessante Figur und macht keine wirkliche Entwicklung durch. Auch Cooper wird leider etwas vernachlässigt, obwohl seine Geschichte Potenzial gehabt hätte und Nate bleibt bis zum Ende ziemlich klischeehaft.

Die Auflösung kommt schließlich sehr plötzlich und war zum Teil auch vorhersehbar beziehungsweise erratbar. Der Teil, den ich nicht erraten habe, kam allerdings aus dem Nichts. Hier gab es keinerlei Hinweise, so dass das Miträtseln und Erraten eigentlich nicht möglich war. Schön wäre es gewesen, wenn es zumindest minimale Hinweise gegeben hätte, so dass man als Leser*in die Möglichkeit hat, eigene Vermutungen anzustellen.

Ein letzter und auch etwas größerer Kritikpunkt: Die Autorin nutzt Queerness als Plottwist. Dieses Geheimnis kommt erst gegen Ende heraus und wird als schockierende Enthüllung behandelt. Dabei wird es mit den Geheimnissen der anderen Verdächtigen in einen Topf geworfen, bei denen es sich teilweise um kriminelle oder zumindest um schlechte Taten handelt. Das finde ich irgendwie unangebracht.

One of Us is Lying

One of Us is Lying ist unterhaltsam und locker-leicht geschrieben, verschenkt aber viel Potenzial. Die Ausgangssituation ist interessant und vielversprechend und während sich die Geschichte zu Beginn spannend entwickelt, wird sie im Mittelteil leider etwas langatmig und verliert sich in vielen Klischees. Das Ende ist wiederum sehr temporeich und spannend, die Auflösung kommt allerdings etwas zu schnell und teilweise vollkommen aus dem Nichts. Einen spannenden Jugendthriller darf man nicht erwarten, wer ein unterhaltsames, wenig anspruchsvolles, dafür aber etwas übertriebenes Jugendbuch sucht, macht mit One of Us is Lying nicht viel falsch.

 

Weitere Rezensionen

Lovely Mix
Stürmische Seiten

Ich habe das Buch auf Englisch gelesen, aber in der Infobox findet ihr die Angaben zur deutschen Ausgabe.

One of us is lyingTitel: One of Us is Lying

Autorin: Karen M. McManus
Verlag: cbj Jugendbücher
Erscheinungsjahr: 2018
Genre: Jugendbuch

Seiten: 448
Format: Hardcover
Übersetzung: Anja Galić
Originaltitel: One of Us is Lying

 

4 Comments

  1. Pingback: Tales & Memories im Dezember | Tales & Memories

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  3. Ui, und erneut – vielen vielen Dank, da kann ich dich ja auch direkt beim mir mit verlinken, weil sehr schöne Rezension! Jaa, die Punkte die du ansprichst, haben mich echt einfach zuuuuu sehr gestört :D, da kam ich mit dem Buch einfach auf keinen gemeinsamen Nenner mehr.

    glg Franzi

    • Anka

      Danke :) Ja, kann auch absolut verstehen, dass die Punkte zu sehr stören und das Buch dann einfach nicht gefällt. Ich fands nicht sooo schlimm und deswegen zumindest auch ein bisschen unterhaltsam.

      Liebe Grüße
      Anka