Das Jahr 2019 war ähnlich chaotisch wie schon das vorherige, so dass ich auch hier auf dem Blog keine wirkliche Regelmäßigkeit zustande gebracht habe. Eine ganze Reihe von Rezensionen stehen noch aus bzw. sind teilweise auch schon in Arbeit. Da demnächst aber schon wieder eine große Veränderung ansteht, muss ich meine Hobbies leider immer noch zurückstellen. Ich hoffe im Moment sehr darauf, dass sich das im Frühjahr ändert.

Fünf Highlights aus 2019

Nichtsdestotrotz möchte ich euch wenigstens einige meiner Lesehighlights des Jahres vorstellen. Dabei geht es ausschließlich um Bücher, die ich 2019 gelesen habe, unabhängig vom Erscheinungsjahr. Bücher, zu denen ich schon eine Rezension geschrieben habe, habe ich verlinkt. Zu den restlichen wird es später noch Rezensionen geben. Aber kommen wir nun zu meinen Highlights im fiktionalen Bereich:

Ellbogen – Fatma Aydemir

Sie ist siebzehn, in Berlin geboren und heißt Hazal Akgündüz. Eigentlich könnte aus ihr eine gewöhnliche Erwachsene werden. Nur dass ihre aus der Türkei eingewanderten Eltern sich in Deutschland fremd fühlen. Und dass Hazal auf ihrer Suche nach Heimat fatale Fehler begeht. Erst ist es nur ein geklauter Lippenstift. Dann stumpfe Gewalt. Als die Polizei hinter ihr her ist, flieht Hazal nach Istanbul, wo sie noch nie zuvor war.

Warmherzig und wild erzählt Fatma Aydemir von den vielen Menschen, die zwischen den Kulturen und Nationen leben, und von ihrer Suche nach einem Platz in der Welt. Man will Hazal helfen, man will mit ihr durch die Nacht rennen, man will wissen, wie es mit ihr und mit uns allen weitergeht. (© Hanser)

Ein Spontankauf in 2019, der sich als echtes Highlight entpuppte, war für mich Ellbogen von Fatma Aydemir. Eine ausführliche Rezension gibt es schon, deshalb hier nur eine kurze Meinung zum Buch: Es fesselt, berührt, bedrückt und macht wütend. Durch den lockeren und teils auch humorvollen Schreibstil lässt es sich aber trotz der schweren Themen gut lesen.

Kurt – Sarah Kuttner

Lena hat mit ihrem Freund Kurt ein Haus gekauft. Es scheint, als wäre ihre größte Herausforderung, sich an die neuen Familienverhältnisse zu gewöhnen, daran, dass Brandenburg nun Zuhause sein soll. Doch als der kleine Kurt bei einem Sturz stirbt, bleiben drei Erwachsene zurück, deren Zentrum in Trauer implodiert.

Sarah Kuttner erzählt von einer ganz normalen komplizierten Familie, davon, was sie zusammenhält, wenn das Schlimmste passiert. Sie erzählt von dieser Tragödie direkt und leicht und zugleich mit einer tiefen Ernsthaftigkeit, so einfach und kompliziert, wie nur Sarah Kuttner das kann. (© S. Fischer)

Auf dieses Buch habe ich lange gewartet, denn bisher haben mir alle Romane von Sarah Kuttner gut gefallen. Und auch ihr neuestes Werk hat mich nicht enttäuscht. Dabei ist Kurt kein leichtes Buch, denn der Inhalt ist – wie der Klappentext schon verrät – mehr als traurig. Ein Buch, das berührt und einfühlsam beschreibt, was schwer in Worte zu fassen ist. Zum Buch und der Lesung, die ich dazu besucht habe, werde ich nochmal einen eigenen Beitrag verfassen.

Eine englische Ehe – Claire Fuller

Ingrid hat für ihren Mann, den Literaturprofessor und bewunderten Schriftsteller, alles aufgegeben, was ihr wichtig war. Doch statt ihn mit ihren Gedanken und Sehnsüchten zu konfrontieren, schreibt sie ihm Briefe, die sie in seiner Bibliothek versteckt. Bis sie eines Tages spurlos verschwindet. Zwölf Jahre später beginnt ihre Tochter Flora nach ihr zu suchen, ohne zu ahnen, dass sie nur die Bücher ihres Vaters aufschlagen müsste, um Antworten auf ihre Fragen zu finden. (© Piper)

Ebenfalls kein wirkliches Wohlfühl-Buch ist Eine englische Ehe von Claire Fuller, welches ich schon ausführlich rezensiert habe. Die Autorin erzählt die tragische, aber auch faszinierende Geschichte einer gescheiterten Ehe. Sie bietet viel Interpretationsspielraum und fesselt mit ihrem Stil und Aufbau. Der nächste Roman von Claire FullerBittere Orangen – liegt hier ebenfalls schon bereit.

Der Geruch des Paradieses – Elif Shafak

Peri und ihre beiden besten Freundinnen Shirin und Mona könnten unterschiedlicher nicht sein. Als sie sich während ihres Studiums in Oxford in das umstrittene Seminar eines charismatischen Professors einschreiben, wird ihr Schicksal jedoch auf dramatische Weise zusammengeschweißt. (© Kein & Aber)

Lange hat es gedauert, bis ich mir endlich ein Buch von Elif Shafak vorgenommen habe. Mit Der Geruch des Paradieses habe ich aber auch direkt ein Lieblingsbuch gefunden. Die Autorin konnte mich mit ihrem Schreibstil und der komplexen Entwicklung einer großartigen Geschichte vollständig überzeugen. Ich bin schon sehr gespannt auf alle weiteren Bücher von Elif Shafak, von der ich mir übrigens auf der Frankfurter Buchmesse ihren neuesten Roman Unerhörte Stimmen habe signieren lassen. Eine Rezension folgt selbstverständlich noch.

Kampfsterne – Alexa Hennig von Lange

1985 – Es ist ein verrückter, heißer Sommer, in dem Boris Becker Wimbledon gewinnt, vier Passagierflugzeuge innerhalb eines Monats abstürzen, alle großen Rockstars bei Life Aid für das hungernde Afrika singen und in einer Siedlung am Rand der Stadt drei Familien zu zerbrechen drohen.

Ulla und Rainer. Rita und Georg. Ella und Bernhard. Drei Paare. Mütter und Väter. Sie wohnen in dänischem Design, fahren nach Südfrankreich in den Urlaub, schicken ihre Kinder zum Cello-Unterricht und zum Intelligenztest. Sie versuchen, sich als aufgeklärte und interessierte Menschen zu beweisen, die das richtige Leben führen. Wo wäre das leichter als in den sorgenfreien Achtzigerjahren der Bundesrepublik? Und warum funktioniert es trotzdem nicht? (© Dumont)

Mein erstes Buch der Autorin Alexa Hennig von Lange war ebenfalls ein Volltreffer. Und auch bei diesem Roman handelt es sich wieder um eine eher bedrückende Geschichte. Ich erkenne da ein Muster. Wer nach lustigen Wohlfühl-Büchern sucht, wird bei mir auf dem Blog wohl eher seltener fündig. Kampfsterne von Alexa Hennig von Lange ist jedenfalls ein realitätsnaher Roman, der einen authentischen Blick hinter die Fassade des Bildungsbürgertums der 80er Jahre wirft. Aufbau und Stil haben mir extrem gut gefallen, aber das habe ich auch schon in der oben verlinkten Rezension beschrieben.

Sachbuch-Highlights 2019

Unsagbare Dinge – Laurie Penny

Laurie Penny spricht das Unsagbare aus: Fucked-up Girls und Lost Boys, sexuelle Gewalt, Liebe und Lügen sind ihre Themen. Sie zeigt, dass Feminismus ein Prozess ist: Egal, wie man sich nennt – wichtig ist, wofür man kämpft.

Laurie Penny zerlegt gnadenlos den modernen Feminismus und die Klassenpolitik, wenn sie von ihren eigenen Erfahrungen als Journalistin, Aktivistin und in der Subkultur berichtet. Es ist ein Buch über Armut und Vorurteile, Online-Dating und Essstörungen, Straßenkämpfe und Fernsehlügen. Der Backlash gegen sexuelle Freiheit für Männer und Frauen und gegen soziale Gerechtigkeit ist unübersehbar – und der Feminismus muss mutiger werden! Laurie Penny spricht für einen Feminismus, der keine Gefangenen macht, dem es um Gerechtigkeit und Gleichheit geht, aber auch um Freiheit für alle. Um die Freiheit zu sein, wer wir sind, zu lieben, wen wir wollen, neue Genderrollen zu erfinden und stolz gegenüber jenen aufzutreten, die uns diese Rechte verweigern wollen. Es ist ein Buch, das jenen eine Stimme gibt, denen das Sprechen verboten wird – eine Stimme, die das Unsagbare ausspricht. (© Edition Nautilus)

Von Laurie Penny habe ich zum ersten Mal 2016 auf der re:publica gehört. Dort hat sie einen spannenden Vortrag zum Thema Vielfalt in Geschichten gehalten. Anschließend habe ich festgestellt, dass sie auch schon Bücher veröffentlicht hat und da war es ja klar, dass ich die lesen musste. Das ist nun schon drei Jahre her und in 2019 habe ich es endlich geschafft, tatsächlich eines zu lesen. Unsagbare Dinge spricht – wie im Klappentext schon deutlich wird – eine Reihe von feministischen Themen an und hat mir neue Denkanstöße gegeben, auch wenn für mich schon einiges Bekanntes dabei war.

Women & Power – Mary Beard

[Deutscher Klappentext] Mary Beard ist eine der führenden Intellektuellen weltweit. Die Historikerin hat zahlreiche Bestseller geschrieben. Immer wieder mischt sie sich leidenschaftlich, streitbar und humorvoll in aktuelle Debatten ein. Frauenfeindlichkeit und Sexismus sind Themen, die sie seit langem begleiten – auch persönlich – und die sie nicht müde wird anzuprangern. (© S. Fischer)

Women & Power bzw. Frauen & Macht von der englischen Historikerin Mary Beard enthält zwei Essays, in denen die Autorin zeigt, wie mit mächtigen Frauen in der Antike umgegangen wurde und wie sich diese Muster bis heute beobachten lassen. In dem kleinen Büchlein steckt eine ganze Menge, weshalb es zu meinen Highlights gehört und ich es uneingeschränkt empfehlen möchte.

Why I’m No Longer Talking to White People About Race – Reni Eddo-Lodge

[Deutscher Klappentext] Was bedeutet es, in einer Welt, in der Weißsein als die selbstverständliche Norm gilt, nicht weiß zu sein? Reni Eddo-Lodge spürt den historischen Wurzeln der Vorurteile nach, und zeigt unmissverständlich, dass die Ungleichbehandlung Weißer und Nicht-Weißer unseren Systemen seit Generationen eingeschrieben ist. Ob in Politik oder Popkultur – nicht nur in der europaweiten Angst vor Immigration, sondern auch in aufwogenden Protestwellen gegen eine schwarze Hermine oder einen dunkelhäutigen Stormtrooper wird klar: Diskriminierende Tendenzen werden nicht nur von offenen Rassisten, sondern auch von vermeintlich toleranten Menschen praktiziert. Um die Ungerechtigkeiten des strukturellen Rassismus herauszustellen und zu bekämpfen, müssen darum People of Color und Weiße gleichermaßen aktiv werden – »Es gibt keine Gerechtigkeit, es gibt nur uns.« (© Tropen)

Why I’m No Longer Talking to White People About Race (dt. Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche) von der Engländerin Reni Eddo-Lodge ist für mich das wohl wichtigste Buch 2019. Dieses Buch hat definitiv noch eine ausführliche Rezension verdient. Die Autorin macht darin so gut deutlich, was Rassismus ist, woher er kommt und was dagegen getan werden kann. Falls ihr es noch nicht kennt, erhaltet ihr hier von mir eine absolute Leseempfehlung – es ist eine unglaublich bereichernde Lektüre (vor allem für Weiße).

Und was brachte 2019 sonst noch?

In literarischer Hinsicht war mein Jahr insgesamt gar nicht so schlecht. Zwar habe ich weniger gelesen, als ich mir vorgenommen hatte, aber nachdem was dieses Jahr so los war, ist das auch kein Wunder. Trotzdem habe ich ziemlich viele gute Bücher gelesen und nur wenige Enttäuschungen erlebt. Und wen es interessiert, der kann sich hier noch einen Überblick über mein Lesejahr 2019 verschaffen.

Und jetzt bin ich neugierig: Was waren eure Lesehighlights des Jahres?

Bücherregal 2019

2 Comments

  1. Hey Anka,

    Das stimmt, die schweren Themen haben bei dir überwogen, aber ich glaube solche Bücher können einem durchaus viel geben. Von Elif Shafak möchte ich auch noch ein Buch lesen. Sie hat mich bei der Literaturgala auf der Frankfurter Buchmesse sehr beeindruckt.

    Ich wünsche dir ein frohes neues Jahr und verbleibe mit lieben Grüßen
    Moni

    • Anka

      Hi Moni,

      ja aus solchen Büchern nimmt man oft viel mit und das mag ich.

      “Der Geruch des Paradieses” von Elif Shafak kann ich absolut empfehlen. Jetzt ist ja auch meine Rezension dazu online, falls du noch eine ausführlichere Meinung lesen möchtest ;) Auf der Literaturgala wäre ich auch sehr gern gewesen, das war bestimmt spannend.

      Ich wünsche dir auch noch ein frohes neues Jahr und ganz liebe Grüße
      Anka