Ruta Sepetys schreibt historische Jugendbücher. Das finde ich ziemlich cool, denn davon gibt es viel zu wenige. Ich habe schon immer gerne historische Romane gelesen und besonders sogar in meiner Teenagerzeit. Dass es in dem Bereich eigentlich kaum Bücher für Jugendliche gibt, hat mich nicht gestört. Ich habe eben das gelesen, was da war – und wenn das tausendseitige Wälzer waren, war mir das egal. Viele Jugendliche können aber mit historischen Romanen nichts anfangen – und das nicht unbedingt nur, weil solche Ausmaße in dem Genre keine Seltenheit sind. Deshalb finde ich es gut und wichtig, dass historische Jugendbücher geschrieben werden. Und diese verdienen Aufmerksamkeit – so wie Salz für die See.

Im vergangenen Jahr erschien der Roman Salt to the Sea von Ruta Sepetys auf Deutsch. Herausgebracht wurde er vom Königskinder Verlag, einem Imprint des Carlsen Verlags. Und wie so viele Bücher des Verlags wurde auch Salz für die See auf vielen Blogs vorgestellt. Die Meinungen waren alle sehr positiv und da ich von der Autorin auch schon Out of the Easy (dt. Ein Glück für immer) mochte, wollte ich natürlich auch ihr neuestes Werk lesen.

Inhalt

„Die letzten Kriegstage des Jahres 1945: Tausende Menschen flüchten aus Angst vor der Roten Armee nach Westen. Darunter Florian, ein deutscher Deserteur, Emilia, eine junge Polin, und Joana, eine litauische Krankenschwester. Eine Notgemeinschaft, in der jeder ein Geheimnis hat, das er nicht preisgeben will. Denn der Krieg hat sie Misstrauen gelehrt. Im eiskalten Winter wählt der kleine Flüchtlingstrek den lebensgefährlichen Weg über das zugefrorene Haff. In Gotenhafen, so heißt es, warte die Wilhelm Gustloff, um sie nach Westen zu bringen. Doch auch dort sind sie noch lange nicht in Sicherheit.“ (© Carlsen)

Ruta Sepetys erzählt die fiktive, doch realitätsnahe Geschichte von vier jungen Menschen während der letzten Tage des Zweiten Weltkriegs. Drei von ihnen sind auf der Flucht vor der Roten Armee, der vierte ist Matrose auf der Wilhelm Gustloff, die viele Flüchtlinge retten und nach Deutschland bringen soll.

Temporeich und bedrohlich

Salz für die See wird aus vier verschiedenen Perspektiven erzählt. Abwechselnd kommen in den Kapiteln Joana, Emilia, Florian und Alfred zu Wort. Überschrieben sind die Kapitel daher immer mit dem jeweiligen Namen des Erzählers bzw. der Erzählerin. Die Kapitel sind außerdem sehr kurz – meist keine fünf Seiten lang -, so dass die Perspektive häufig und schnell wechselt. Von Anfang an wird dadurch Tempo in die Geschichte gebracht und ein Gefühl von Gehetztheit erzeugt, was wiederum zur Handlung passt.

Die Geschichte beginnt unmittelbar auf der Flucht mit Joanas Gedanken und Gefühlen. Es gibt keine Erklärungen, da die vier Protagonist*innen aus der Ich-Perspektive erzählen. So wird erst nach und nach klar, was die einzelnen Personen erlebt haben und was ihre Ziele sind. Dadurch werden aber auch die Gefühle besonders eindringlich dargestellt, Distanz zu den Figuren ist kaum vorhanden. Der Krieg, die Flucht, die Not der Menschen – das alles wird eindrücklich beschrieben. Die Atmosphäre ist durchweg bedrohlich und bedrückend.

Die Intensität, die durch die Ich-Perspektive sowie die schnellen und häufigen Perspektivenwechsel entsteht, hat dazu geführt, dass ich das Buch in kürzester Zeit gelesen habe. Allerdings hatte ich zu Beginn auch ein kleines Problem mit diesem Aufbau. Da so schnell zwischen den Figuren gewechselt wurde, habe ich manchmal schlicht vergessen, aus wessen Sicht gerade erzählt wird. Der Schreibstil bleibt nämlich bei allen Figuren gleich, so dass sich hieran nicht erkennen lässt, wer erzählt. Nachdem ich die Figuren dann ein wenig kennengelernt hatte, war die richtige Zuordnung allerdings kein Problem mehr.

Salz für die See – Die Wilhelm Gustloff

Die Autorin Ruta Sepetys hat ihrem historischen Roman eine der größten Katastrophen in der Geschichte der Seefahrt zugrunde gelegt. Im Winter 1945 waren hunderttausende Menschen auf der Flucht vor den sowjetischen Truppen. Diese hatten Ostpreußen eingekesselt und die einzige Möglichkeit den Truppen zu entkommen, war die Flucht über die Ostsee. So versuchten die Menschen die Häfen zu erreichen und an Bord eines Schiffes zu gelangen.

Die Wilhelm Gustloff war eines der vielen Schiffe, die die Flüchtlinge sowie verwundete Soldaten evakuieren sollten. Am 30. Januar 1945 legte sie mit schätzungsweise über 10.000 Menschen an Bord in Gotenhafen ab. Weit kam die Wilhelm Gustloff jedoch nicht, denn ein sowjetisches U-Boot beschoss das Schiff mit vier Torpedos, von denen drei ihr Ziel trafen. So versank die Wilhelm Gustloff. Statt der erhofften Rettung fanden tausende Flüchtlinge den Tod.

Ruta Sepetys beschreibt in einem Nachwort, warum sie sich diesem Thema gewidmet hat. Sie beschreibt ihre Recherchearbeit und verweist auf Quellen zum Thema. Mit ihrem Roman will sie auch Geschichtsbewusstsein schaffen und warum das so wichtig ist, fasst sie sehr schön zusammen:

History divided us, but through reading we can be united in story, study and remembrance. Books join us together as a global reading community, but more important, a global human community striving to learn from the past. (Ruta Sepetys, Salt to the Sea, S. 383)

 

Fazit

Salz für die See ist durch die Nähe zu den vier Protagonist*innen sowie die schnellen Perspektivenwechsel eine intensive und kurzweilige Lektüre. Sie bleibt jedoch noch lange nach dem Lesen im Gedächtnis. Dazu trägt auch der einfache, aber eindrucksvolle Schreibstil bei: Ruta Sepetys schafft eine bedrückende Atmosphäre, in der die ständig drohende Gefahr fast greifbar ist. Salz für die See ist daher nicht nur für Geschichtsinteressierte lesenswert, sondern eine Empfehlung für alle.

Ich habe das Buch auf Englisch gelesen, aber in der Infobox findet ihr die Angaben zur deutschen Ausgabe.

Salz für die SeeTitel: Salz für die See

Autorin: Ruta Sepetys
Verlag: Königskinder Verlag (Carlsen Imprint)
Erscheinungsjahr: 2017
Genre: Historischer Jugendroman

Seiten: 416
Format: Hardcover
Übersetzung: Henning Ahrens
Originaltitel: Salt to the Sea

 

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