Seit letztem Jahr landet immer öfter feministische Literatur auf meiner Leseliste. Die Essay-Sammlung Wenn Männer mir die Welt erklären von Rebecca Solnit war eines der ersten Werke, die ich zum Thema Feminismus gelesen habe. Zwar hat die Rezension nun ein bisschen auf sich warten lassen, aber die Themen haben schließlich nichts von ihrer Aktualität eingebüßt.

Inhalt

Ein Mann, der mit seinem Wissen prahlt, in der Annahme, dass seine Gesprächspartnerin ohnehin keine Ahnung hat – jede Frau hat diese Situation schon einmal erlebt. Rebecca Solnit untersucht die Mechanismen von Sexismus. Sie deckt Missstände auf, die meist gar nicht als solche erkannt werden, weil Übergriffe auf Frauen akzeptiert sind, als normal gelten. Sie schreibt über die Kernfamilie als Institution genauso wie über Gewalt gegen Frauen, französische Sex-Skandale, Virginia Woolf oder postkoloniale Machtverhältnisse. Leidenschaftlich, präzise und mit einem radikal neuen Blick zeigt Rebecca Solnit auf, was längst noch nicht selbstverständlich ist: Für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern gilt es, die Stimme zu erheben. (© btb)

Kluge Gedanken zum Feminismus

Die Sammlung beginnt direkt mit dem titelgebenden Essay und der entsprechenden Anekdote, die Rebecca Solnit in diesem erzählt. Anhand einer seltsam-komischen Situation auf einer Party zeigt die Autorin auf amüsante Weise, wie sich Sexismus in alltäglichen Kontexten bemerkbar macht – oder eben oftmals nicht bemerkt wird. Und genau das ist der Grund, warum Bücher wie Wenn Männer mir die Welt erklären so wichtig sind: Sie decken patriarchalische Strukturen auf.

In den Essays geht es allerdings nicht nur um (verdeckten) Alltagssexismus. Während Solnit die alltäglichen, sexistischen Verhaltensweisen in ihrem ersten Essay nämlich noch relativ unterhaltsam und amüsant beschreibt, widmet sie sich in den folgenden Texten deutlich ernsthafteren Themen. So schreibt sie im Essay Der längste Krieg über Gewalt gegen Frauen. Sie bezieht viele Zahlen und Fakten in ihre Argumentation mit ein und schreibt sehr sachlich. Trotzdem war ich ein wenig schockiert. Auch wenn man vieles über das Ausmaß der Gewalt mitbekommt, ist es doch nochmal etwas anderes, darüber schwarz auf weiß zu lesen.

Des Weiteren schreibt Solnit in den Essays über Politik und über das Private, über Machtverhältnisse und über die Ehe. Sie zeigt, wie vieles davon zusammenhängt und wie sich die patriarchalischen Strukturen jeweils auswirken. Die sieben Essays können unabhängig voneinander gelesen werden, aber man kann auch Zusammenhänge zwischen den einzelnen Essays bzw. Themen herstellen.

Die Emanzipation der Frau wurde oft als Bewegung dargestellt, die darauf abzielt, die Macht und Privilegien von Männern zu beschneiden oder sie ihnen ganz wegzunehmen, als handelte es sich um ein armseliges Nullsummenspiel, bei dem immer nur ein Geschlecht frei und mächtig sein kann. Aber wir sind entweder gemeinsam frei oder gemeinsam unfrei. (S. 55, Wenn Männer mir die Welt erklären, Rebecca Solnit)

 

Wenn Männer mir die Welt erklären

Die Essay-Sammlung von Rebecca Solnit ist ein guter Einstieg, um sich mit einigen feministischen Gedanken vertraut zu machen. Die Essays gehen nicht allzu sehr in die Tiefe, sondern bieten einen guten Überblick über verschiedene Themen und regen zum Nachdenken und zur eigenen weiteren Recherche an. Man muss auch nicht zwangsläufig allen ihren Ansätzen zustimmen, um aus der Lektüre etwas mitzunehmen. 

 

Weitere Rezensionen

Lesen in Leipzig

Wenn Maenner mir die Welt erklaeren von Rebecca SolnitTitel: Wenn Männer mir die Welt erklären

Autorin: Rebecca Solnit
Verlag: btb
Erscheinungsjahr: 2017
Genre: Essays, Feministische Literatur

Seiten: 176
Format: Taschenbuch
Übersetzung: Kathrin Razum, Bettina Münch
Originaltitel: Men Explain Things to Me