Exit West von Mohsin Hamid hatte ich schon im vergangenen Jahr auf meiner Wunschliste und vor einigen Wochen bin ich endlich dazu gekommen es zu lesen. Die Themen, die Hamid in seinem Roman behandelt, sind nach wie vor aktuell und stets präsent: Es geht um Flucht und die damit verbundenen Gefühle von Hilflosigkeit, Verlorenheit und Heimatlosigkeit.

Inhalt

„In einer Welt, die aus den Fugen geraten ist, in einem muslimisch geprägten Land, das am Rande eines Bürgerkriegs steht, in einer Stadt, die namenlos bleibt, lernen sie sich kennen: Nadia und Saeed. Sie hat mit ihrer Familie gebrochen, fährt Motorrad, lebt säkular und trägt ihr dunkles Gewand nur als Schutz vor den Zudringlichkeiten fremder Männer. Er wohnt noch bei seinen Eltern, ist eher schüchtern und nimmt die Ausübung seiner Religion sehr ernst.

Doch während die Stadt um sie herum in Flammen aufgeht, sich Anschläge häufen und die Sicherheitslage immer prekärer wird, finden die beiden zusammen. Sie wollen eine gemeinsame Zukunft, in Freiheit. Und da sind diese Gerüchte über Türen, die diejenigen, die sie passieren, an ferne Orte bringen können. Doch den Weg durch diese Türen muss man sich mit viel Geld erkaufen. Als die Gewalt weiter eskaliert, entscheiden sich Nadia und Saeed, diesen Schritt zu gehen. Sie lassen ihr Land und ihr altes Leben zurück…“ (© Dumont)

Realität mit magischem Einfluss

Exit West erzählt die Geschichte von Nadia und Saeed, in deren Heimatland ein Bürgerkrieg ausbricht. Der Name des Landes wird nicht genannt. Er spielt auch keine Rolle, denn es könnte überall sein. Die beiden erleben, wie die Lage in ihrer Stadt immer angespannter wird. Und so entscheiden sie sich schließlich für die Flucht.

Hier hat der Autor ein magisches Element eingebaut, weshalb der Roman in das Genre Magischer Realismus eingeordnet werden kann: Es gibt besondere Türen, die die Menschen an andere Orte bringen. So beschreibt er keine Flucht, wie sie viele Menschen in der Realität erleben. Stattdessen geht die Geschichte direkt an einem neuen, unbekannten Ort weiter, an dem sich Nadia und Saeed zurechtfinden müssen. Durch dieses magische Element schafft der Autor eine Distanz zur Geschichte, die das Lesen und Hineinversetzen in die Flüchtenden leichter macht.

Die Flucht ist daher nicht mit der Realität vergleichbar. Dennoch werden die Unsicherheiten und Ängste der beiden geschildert und die sind sehr authentisch. Um durch die Türen zu gelangen, müssen sie sich nämlich Schleusern anvertrauen, die behaupten, ihnen helfen zu können – ihnen sind sie ausgeliefert. Diese Hilflosigkeit und Ungewissheit beschreibt Hamid eindrücklich und kommt somit der Realität zumindest auf der Gefühlsebene nahe.

Exit West: Was es heißt, die Heimat zu verlassen

Besonders intensiv wird das Buch allerdings erst nach der Flucht. Wenn Nadia und Saeed auf einer griechischen Insel in einem Flüchtlingslager stranden, kommt das Buch der Realität – wie wir sie aus den Medien kennen – schon sehr nahe. Sie müssen sich mit den anderen Schutzsuchenden arrangieren. Sie erleben Fremdenfeindlichkeit und sie leiden darunter, nichts an ihrer Situation ändern zu können. Darunter leidet schließlich auch die Beziehung der beiden. Sie werden sich ebenfalls fremd.

Fragmentarisch werden die Erlebnisse des Paares geschildert, mal beschreibt der Erzähler aus Nadias Perspektive, mal aus Saeeds. Dabei wird auch deutlich, wie unterschiedlich Menschen sich in einer solch schwierigen Situationen verhalten und wie sie versuchen damit umzugehen. Die Sprache ist intensiv, aber gleichzeitig unaufdringlich. Die Sätze sind oft lang und verschachtelt, erstrecken sich nicht selten über eine halbe Seite oder mehr. Das muss aber nicht abschrecken, denn trotz dieses komplexen Satzbaus lässt sich die Erzählung gut lesen.

Letztendlich beschreibt Hamid in Exit West nicht nur die sehr aktuelle Situation der Flüchtenden, sondern auch die Suche nach einer besseren Welt. Trotz der ernsten Themen, die der Autor hier behandelt, schließt er seine Erzählung mit einem hoffnungsvollen Blick auf eine bessere Zukunft.

Fazit

Exit West von Mohsin Hamid ist eine intensive Erzählung, die sich mit einem aktuellen Thema beschäftigt. Sie schafft ein Bewusstsein für die Sorgen und Ängste der Geflüchteten. Flucht und Migration werden aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. So zeigt das Buch, dass uns diese Themen alle etwas angehen. Dabei zeichnet der Autor keine pessimistische Zukunftsvision, sondern eher eine hoffnungsvolle.

 

Weitere Rezensionen

Studierenichtdeinleben

 

Ich habe das Buch auf Englisch gelesen, aber in der Infobox findet ihr die Angaben zur deutschen Ausgabe.

Exit West_Mohsin HamidTitel: Exit West

Autor: Mohsin Hamid
Verlag: Dumont
Erscheinungsjahr: 2017
Genre: Belletristik, Magischer Realismus

Seiten: 224
Format: Hardcover
Übersetzung: Monika Köpfer
Originaltitel: Exit West

 

2 Comments

  1. Hallo Anka,
    Das Buch steh schon eine Weile auf meiner Wunschliste, aber bisher hatte ich das mit dem „magischen Element“ noch überhaupt nicht mitbekommen. Hm, sowas ich ja normalerweise eigentlich nicht so mein Fall. Aber das Grundthema finde ich eben sehr wichtig und bin da gespannt auf die Umsetzung.
    Hm, da muss ich jetzt noch mal in mich gehen, ob ich das lesen möchte. Empfindet man das beim Lesen als sehr unrealistisch? Oder ist das Element sehr gut eingebunden?
    LG, Julia

    • Anka

      Hallo Julia,

      mich hat das auch ein wenig überrascht, obwohl es ja schon im Klappentext erwähnt wurde. Ich bin mir auch immer noch nicht sicher, ob ich das jetzt gut fand oder nicht. Dieses Element macht die Geschichte natürlich weniger realistisch, was bei einem so harten Thema aber auch Vorteile hat. Man lässt das Ganze nicht so nah an sich ran, weshalb es erträglicher ist. Trotzdem hat man dabei die aktuelle Situation von Geflüchteten vor Augen und versetzt sich in deren Lage.
      Gut fand ich, dass dadurch die Flucht an sich nicht so sehr im Fokus stand, sondern das Danach. Wenn sie dann in einem fremden Land angekommen sind und nicht weiter wissen, sich hilflos und heimatlos fühlen. Allerdings wird es zum Ende hin wirklich sehr unrealistisch, weil die Türen immer präsenter werden. Wäre ich mit einer anderen Vorstellung an das Buch herangegangen, hätte es mir vermutlich doch noch ein wenig besser gefallen. So hat es meine Erwartungen eben nicht so ganz erfüllt.
      Ich weiß auch wirklich nicht, wozu ich dir raten würde. Da man das Buch ziemlich schnell gelesen hat, wäre es möglicherweise einen Versuch wert? Falls du es noch lesen solltest, wäre ich auf jeden Fall an deiner Meinung interessiert!
      Liebe Grüße
      Anka