Ich finde ja, dass der Klappentext von Der gefährlichste Ort der Welt hier schon zu viel verrät. Wer also nicht so viel vom Inhalt wissen will, sollte die Inhaltsangabe überspringen. Worum es geht, wird auch in der Rezension deutlich.
Inhalt
„Als Tristan Bloch eines Morgens auf sein Fahrrad steigt und losradelt, auf die Golden Gate Bridge zu, den heißen, schweißnassen Kopf gesenkt, da ahnen wir schon, dass ihn der Verrat seiner Angebeteten, Calista, vernichtet hat. Sein Liebesbrief wurde auf Facebook gepostet, und das war ihre Schuld.
Fünf Jahre später: Kurz nach dem dramatischen Ende einer Abschlussparty betrachtet Calista, Tristans erste und letzte große Liebe, in dem Versuch, die Ereignisse zu begreifen, ein altes Klassenfoto – Tristan, lachend, in seinen unmöglichen grellgelben Trainingshosen, der sanfte Dave Chu, der durchtriebene Ryan Harbinger, Baseball-Captain und Schwarm aller Mädchen, Abigail Cress, damals noch Calistas beste Freundin, die später mit einem Lehrer anbandelte, und all die anderen, die mit dem Leben und der Liebe gespielt hatten. Ihre fröhlichen Gesichter täuschen. »Sie taten, was sie konnten, um zu überleben.“ (© dtv Verlag)
Ein interessanter und spannender Auftakt
Aus verschiedenen Perspektiven erzählt Lindsey Lee Johnson vom gefährlichsten Ort der Welt, der sich in Mill Valley, Kalifornien befindet. Das scheint ziemlich übertrieben, da es sich hierbei um einen kleinen Vorort von San Francisco handelt, in dem die besser Betuchten ihren Sprösslingen ein angenehmes und behütetes Leben ermöglichen. Doch dieses scheinbare Paradies wird für einen der Teenager, die im Zentrum dieser Geschichte stehen, zur Hölle.
Der Auftakt des Buches hat mir sehr gut gefallen, denn zunächst stehen die Achtklässler Cally Broderick und Tristan Bloch im Mittelpunkt der Erzählung. Tatsächlich beginnt Der gefährlichste Ort der Welt mit einem Aufsatz von Tristan über die Stadt Mill Valley. Die Idee hat mir gut gefallen, denn man erfährt nicht nur etwas über die Stadt – also das Umfeld, in dem die Jugendlichen aufwachsen -, sondern man bekommt auch einen Einblick in die Gedanken und Gefühle von Tristan. Der Aufsatz ist dabei in einem für Schüler typischen Stil geschrieben, so dass er authentisch wirkt. Besonders gefallen hat mir, dass im weiteren Verlauf auf einige Punkte aus dem Aufsatz zurückgegriffen wurde.
Nach diesem Prolog beginnt die eigentliche Handlung. Dabei nimmt der personale Erzähler zunächst Callys Perspektive ein. Cally und einige ihrer Mitschüler werden vorgestellt und man bekommt ein Gefühl für das Gefüge an ihrer Highschool. Als Cally einen Liebesbrief von Tristan bekommt und dieser von einem Klassenkameraden auf Facebook gepostet wird, wird der zuvor schon unbeliebte Tristan noch heftiger gemobbt. So nimmt schließlich die Katastrophe ihren Lauf. Interessant war hier der Einsatz von Social Media-Posts bzw. Nachrichten, die das Verhalten und die Sprache der Jugendlichen authentisch erscheinen ließen. Auch dieses Stilmittel wird später noch in anderen Zusammenhängen genutzt.
Ein bisschen zu viel von allem
Nun erfolgt ein Zeitsprung. Die Erzählung setzt fünf Jahre später wieder ein und widmet den Teenagern, die man zuvor schon kennengelernt hat, jeweils ein Kapitel. In diesen werden die individuellen Entwicklungen und die aktuellen Lebensumstände der Jugendlichen beschrieben. Durch ihre Gedanken und Gefühle erfährt man nun Vieles, was zuvor nicht ersichtlich war. So erhalten sie alle eine vielschichtigere Persönlichkeit, auch wenn Johnson hier – wahrscheinlich auch absichtlich – gewisse Stereotype zeichnet. Dies zeigt sich allein schon an den Kapitel-Überschriften: „Der Bemühte“, „Der Spezialist“, „Die Schöne“. Johnson zeigt hier aber auch, dass sie alle nicht unbedingt die Personen sind, für die sie von den anderen gehalten werden. Die Aussage des Buchs hat mir gut gefallen, denn es wird deutlich, dass von außen betrachtet, vieles anders erscheint, als es tatsächlich ist.
Was mich dabei allerdings gestört hat: Es war alles ein bisschen viel. Ich hatte den Eindruck, dass die Autorin versucht hat, sämtliche Probleme, die Teenager haben können in einer einzigen Erzählung unterzubringen. Also Alkohol, Drogen, Mobbing und so weiter, um dann immer wieder aufzuzeigen, dass und wie gefährlich dies alles ist. Jede einzelne Geschichte für sich, ist gar nicht schlecht. In der Masse war es mir dann einfach zu überzogen.
Außerdem hatte ich damit gerechnet, dass der Anfang viel größere Auswirkungen auf den Rest des Buches haben wird. Dies war dann nicht der Fall und so hatte ich teilweise das Gefühl, dass die Geschichte ihren roten Faden verloren hat. Vieles hätte auch ohne diesen Anfang funktioniert, was mich nur in meiner vorherigen Aussage bestätigt, dass die Autorin möglichst viele Teenager-Probleme unterbringen wollte.
Der gefährlichste Ort der Welt
Das Debüt von Lindsey Lee Johnson hat mir zwar schon gefallen, denn die einzelnen Geschichten sind stimmig, durchaus treffend und fesselnd geschrieben. Vollständig überzeugen konnte mich Der gefährlichste Ort der Welt jedoch nicht, da es teilweise zu gewollt und überzogen wirkt. Insgesamt also kein schlechtes Buch, aber auch keines, welches man unbedingt lesen muss.
Vielen Dank an Vorablesen und dtv für das Rezensionsexemplar!
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